Die Galluskirche in Honau
Seit über 1000 Jahren kommen wohl an dem Ort, an dem sich heute die Honauer Galluskirche befindet, Menschen zusammen, „die den Namen des Herrn“ anrufen (1Kor 1,2). Denn vermutlich hat es hier bereits eine Kirche gegeben, als Honau das erste Mal erwähnt wurde. Dies geschieht in einer Schenkungsurkunde König Ottos an den Priester Hartbert vom 23. Mai 937. Vermutlich hat es um diese Zeit bereits eine kleine Holzkirche gegeben, die dem Heiligen Gallus geweiht wurde.
Das heutige Kirchenschiff ist romanischer Bauart und geht auf den Anfang des 14. Jahrhunderts zurück. Bei Renovierungsarbeiten wurden Wandmalereien freigelegt, unter Renaissance-Gemälden fand sich eine Malerei aus dem 14. Jahrhundert, die den heiligen Christopherus darstellt. Daneben wurden weitere Gemälde entdeckt: am Fenster neben der Kanzel ein Ritter in eiserner Rüstung mit dem Namenszug „Ulrich von Lichtenstein“, am zweiten Fenster ein Mönch mit der Aufschrift „Pater vom Kloster Honow“.
An der Nordseite unter der Orgel wurden drei Schießscharten sichtbar, die auf die untere Mühle zielten. Bei Renovierungsarbeiten wurde in der Nähe des Taufsteins in Richtung auf die Sakristei hin eine Öffnung im Fußboden sichtbar, die in eine Gruft unter der Kirche führte. Dort soll sich ein unterirdischer Gang befunden haben, der hinauf zur Heiligenstraße führte. Die Existenz eines solchen unterirdischen Ganges, etwa auch zur unteren Mühle, ist allerdings umstritten.
Der heutige Turm der Galluskirche stammt aus dem Jahr 1857. Im Inneren ist die Jahreszahl zu sehen. Das Gemeinderatsprotokoll vom 28. April 1856 belegt, dass der alte Turm baufällig geworden war und deshalb der Bau eines neuen Kirchturms in Auftrag gegeben wurde. Dieser wurde 1857 vom Reutlinger Kreisbaudirektor Schlierholz ausgeführt. Stilistisch ist der gotisierende Turm an das Schloss Lichtenstein angelehnt. Wie der Turm der Kirche vorher ausgesehen hat, lässt sich einer Zeichnung von Herzog Wilhelm entnehmen, die die Kirche um 1835 zeigt. Der Turm befand sich offensichtlich am westlichen Ende der Nordseite der Kirche und saß direkt auf dem Dach auf. Im Inneren des Turmes lassen sich noch die drei Öffnungen für die drei Glocken im Turm sehen. Dort kamen die Seile heraus, die einst von Hand betätigt wurden.
Der alte Eingang der Kirche befindet sich an der Westseite. Über dem Portal steht Lukas 11,28: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren“. Dieser Eingang wird allerdings schon lange nicht mehr benutzt, auch wenn er aufschlussreich ist für die durch das Kirchengebäude nahegelegte Theologie.
Eine Fotographie, die vor 1939 entstanden sein muss, zeigt, dass sich am Turm damals kleine Türmchen befanden. Sie wurden Ende der 1930er Jahre abgenommen, weil man befürchtete, sie könnten herunterfallen. Das Bild zeigt auch, dass sich damals noch der Friedhof im Kirchhof befand. Zudem ist das Aussehen der Südmauer vor 1945 zu sehen: Sie enthielt damals ein einziges rundes Fenster und einen rechteckigen Eingang. Nach dem Krieg erhielt sie zwei Fenster und einen Eingang mit einem Rundbogen.
Diese Neugestaltung hatte ihren Grund: Am 1. März 1945 gingen bei einem Fliegerangriff der Alliierten auch auf Honau einige Bomben nieder. Der Grund dafür war, dass sich damals in der Nähe Fertigungsanlagen der Firma Bosch befanden. Eine Bombe ging direkt vor dem Eingang der Galluskirche nieder und beschädigte die Südwand schwer. Sie musste abgestützt werden. Schließlich stürzte die Südwand bei Nacht ein.
Nach dem Krieg musste die Gemeinde ihre Gottesdienste zunächst im alten Schulhaus abhalten. Es gelang aber dank des Einsatzes der Gemeindeglieder, die Südwand wiederherzustellen. Am 9. November 1947 konnte die Kirche neu eingeweiht werden. In diesem Zusammenhang entstand das heute noch zu sehende Deckengemälde von Rudolf Yelin d.J. Das älteste Inventar der Kirche ist der verschiebbare Taufstein, der die Jahreszahl 1618 trägt. 1930 wurde die Kirche neu gestaltet. Hier entstand der Tuffsteinaltar und die Kanzel. Ende der 50er Jahre wurde das schlichte Holzkruzifix durch ein geschnitztes Kruzifx aus Oberammergau ersetzt.
Quellen:
Die Zeichnung von Herzog Ulrich stammt aus dem Stadtarchiv Reutlingen, Sammlung Dr. Keim
Die meisten Informationen sind – soweit ich sie nicht mündlich von Honauer Bürgerinnen und Bürgern erfahren habe – entnommen: Erich Kurt Dietrich, Unsere Kirche. Die Evangelische Kirche in Honau in Geschichte und Gegenwart, o.O. und o.J [1955].
Martin Bauspieß
Deckengemälde
Von Adam bis zu Christus – Das Deckengemälde der Galluskirche
Das Deckengemälde der Honauer Galluskirche stammt von Rudolf Yelin (1902–1991) und wurde im Jahr 1947 angefertigt. In drei Teilen spannt es einen weiten Bogen vom Anfang bis zum Ende der Bibel. Dabei ist das Deckengemälde im Kirchengebäude so angeordnet, dass die Gottesdienstbesucher den Weg, der hier durchschritten wird, nachvollziehen können. Wie bei Kirchen üblich, ist auch die Galluskirche nach Osten hin ausgerichtet: in die Himmelsrichtung der aufgehenden Sonne. Die aufgehende Sonne ist schon früh als Symbol der Auferstehung gedeutet worden. Tag und Nacht galten den Alten als Symbole für Leben und Tod. Wer in die Kirche hineingeht, kommt also aus dem Bereich der Dunkelheit und des Todes und geht auf die aufgehende Sonne, das heraufziehende Leben also, zu.
Über dem Eingang steht deshalb das Wort aus Lukas 11,28: „Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren“. Die Botschaft des Evangeliums erschließt sich nur durch das Wort Gottes. Um sie zu hören, muss man in die Kirche hineingehen und sich vom Wort leiten lassen.
Diesem Gang aus der Dunkelheit des Lebens hin zum Licht der Auferstehung entsprechen die Bilder an der Decke: Über der Eingangsempore ist der „Sündenfall“ zu sehen (1. Mose 3,1-24). Adam und Eva werden von der Schlange verführt, vom „Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen“ zu essen. Daraufhin werden sie aus dem Paradies ausgeschlossen und können nun nicht mehr vom „Baum des Lebens“ essen (1. Mose 3,22–24). Das ist das „Drama“, das die Bibel erzählt: Der Mensch kann sein Leben nicht bewahren, weil er sich notwendig von Gott, der Quelle des Lebens, entfernt. Die Frage ist also: Wie kann er zum Leben kommen?
Die beiden Engel entsprechen einander: der eine hält die Gesetzestafeln in der Hand, der andere das „Buch des Lebens“ (Offb 20,12.15). Das Gesetz offenbart den Willen Gottes, es kann dem Menschen aber keinen Weg zum Leben weisen, weil es ihm nicht die Fähigkeit verleihen kann, den Willen Gottes auch zu tun. Deshalb gibt es über das Gesetz keinen Weg zum Leben.
Diesen Weg gibt es nur durch Jesus Christus, der als König dargestellt ist. Er sitzt auf einem „Himmelsbogen“, nach Gen 9,12–17 Zeichen des ewigen Bundes Gottes mit dem Menschen. In der Geschichte von der Sintflut und Noahs Arche ist der Bogen am Himmel Zeichen dafür, dass Gott mit dem Menschen einen Friedensbund eingeht und sich auch nicht durch die Verfehlungen der Menschen davon abhalten lässt. Wie dies geschieht und wodurch diese ewige Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen möglich wird, zeigt das Deckengemälde deutlich: Diese Verbindung geschieht durch den gekreuzigten und auferstandenen Christus. In seinem Tod am Kreuz hat er all das, was uns von Gott trennt, auf sich selbst genommen und es so aus der Welt geschafft. Er bleibt auch nach seiner Auferstehung der Gekreuzigte. Daran erinnern die Wundmale an Händen und Füßen (vgl. Joh 20,20.27). Dass Christus als König herrscht, bedeutet: Die Macht der Sünde, der Trennung von Gott, und des Todes ist gebrochen, weil Christus sie zerbrochen hat.
Die sieben Sterne, die um den Auferstandenen zu sehen sind, entsprechen Offb 1,16.20. Nach Offb 1,20 symbolisieren sie die Engel der sieben Gemeinden, an die sich die Offenbarung richtet. Die Sieben ist eine Symbolzahl, die Ganzheit bedeutet: In diesen sieben Gemeinden ist demnach die Kirche Jesu Christi aller Zeiten abgebildet und damit auch die Gemeinde, die sich unter diesem Bild im Altarraum unter Wort und Sakrament versammelt.
Rudolf Yelin hat damit im Grunde die Botschaft der gesamten Bibel an der Decke der Galluskirche dargestellt: den Weg aus der Verlorenheit hin zur Gemeinschaft mit Gott. Im Altarraum, wo das Abendmahl gefeiert wird, in dem Christus sich selbst schenkt und von wo aus das Wort Gottes bezeugt wird, dort geht das Licht der Auferstehung je und je neu auf. Jeder Gottesdienst ist dazu da, dass Menschen wieder neu zu Gott kommen. Dass das Licht des Lebens und der Auferstehung je und je neu aufgeht über unserem menschlichen Leben, so wie die Sonne im Osten aufgeht. Dass die Herrlichkeit Gottes über unserem Leben aufleuchtet auf dem Angesicht Jesu Christi (vgl. 2Kor 4,6) – und uns zum Strahlen bringt.
Martin Bauspiess
Pfarrtafel
Pfarrer in der Galluskirche
vermutlich Hieronymus Mammer | 1534 | 1548 |
Filialgemeinde von Holzelfingen 1548-1556 | ||
Michael Dammer * Reutlingen | 1556 | 1557 |
Michael Heller * Weil der Stadt | 1557 | 1572 |
Jakob Westermayer * Donauwörth | 1572 | 1575 |
Mag. Michael Häberlin * um 1546 Brettach † 9.2.1595 Eningen u.A. | 1575 | 1582 |
Mag. Andreas Hess * 1554 Münsingen | 1583 | 1595 |
Mag. Michael Sorg * 26.7.1565 Stuttgart, † 19.12.1634 | 1595 | 1606 |
Mag. Wolfgang Müesslin * um 1575 Dürnau, † 28.8.1636 Poppenweiler | 1606 | 1618 |
Mag. Johann Fellner * Willanzheim bei Kitzingen † 11.9.1629 Honau | 1618 | 1629 |
Mag. Johann Madler * 16.8.1594 Stuttgart, † 26.8.1652 Renningen | 1629 | 1634 |
Mag. Georg Mergenthaler * 12.3.1600 Waiblingen † 17.2.1647 Genkingen | 1634 | 1636 |
Von 1636-82 hatte die Kirchengemeinde Honau keinen eigenen Pfarrer. Sie war Filialgemeinde
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Mag. Johann Friedrich Fel(l)ner I * 7.4.1652 Hildrizhausen † 24.11.1722 Honau | 1682 | † 1722 |
Mag. Johann Friedrich Fel(l)ner II * 16.10.1694 † 12.7.1730 Honau | 1722 | † 1730 |
Burkhard Pichler * 23.3.1698 Altbach † 3.6.1754 Seißen | 1731 | 1740 |
Philipp Jakob Schäffer * 28.1.1701 Walddorf bei Altensteig † 23.9.1783 Honau | 1740 | † 1783 |
Mag. Georg Heinrich Leibfried (Leibfritz) * 20.10.1751 Holzelfingen † 6.4.1813 Neckartenzlingen | 1783 | 1800 |
Mag. Johann Christoph Fischer * 23.9.1757 † 19.12.1842 Reutlingen | 1800 | 1817 |
Mag. Friedrich Ludwig Paret * 16.10.1760 Stuttgart † 3.11.1829 Honau | 1817 | 1829 |
[Pfarrverweser Karl Friedrich Werner] | [1829 | 1830] |
Mag. Johann Wilhelm Ludwig Rooschüz * 29.9.1796 Nürtingen † 1796 | 1830 | †1832 |
[Pfarrverweser Gustav Hoffmann] | [1832] | |
[Pfarrverweser Karl Heinrich Schumacher] | [1832 | 1838] |
[Pfarrverweser Karl Maximilian Eisert] | [1828 | 1840] |
[Pfarrverweser Christian Heinrich Wilhelm Wolff] | [1840 | 1845] |
[Pfarrverweser Karl Friedrich Gustav Schroder] | [1845 | 1846] |
Friedrich Bauerheim * 21.10.1807 Stuttgart † 9.2.1869 Sulzbach | 1845 | 1855 |
[Pfarrverweser Karl Gottlieb Maier] | [1855 | 1856] |
Karl August Ludwig Kehl * 10.8.1820 Owen † 22.2.1905 Cannstatt | 1856 | 1865 |
[Pfarrverweser Adolf Kappus] | [1865] | |
Karl Albert Friedrich Schmid * 11.04.1829 Effringen | 1865 | 1871 |
[Pfarrverweser Karl Eugen Dessecker] | [1871 | 1872] |
Karl Friedrich Hermann Strebel * 8.05.1839 Stetten/Remstal † 17.3.1905 Tübingen | 1872 | 1879 |
Karl Leopold Klotz * 19.07.1851 Ludwigstal † 4.11.1923 Tübingen | 1879 | 1887 |
Ernst Rücker * 11.12.1860 Tübingen † 13.4.1934 Tübingen | 1887 | 1898 |
[Pfarrverweser Theodor Seeger] | [1898 | 1899] |
Emil Heinrich Kübler * 29.05.1866 Welzheim † 12.05.1935 Stuttgart | 1899 | 1910 |
[Pfarrverweser Artur Friedrich Traugott Eifert] | [1910] | |
Ernst Irion * 07.08.1879 Stuttgart † 18.09.1941 Honau | 1910 | 1941 |
[Pfarrverweser Karl Mörike] | [1941] | |
[Pfarrverweser Wilhelm Paulus] | [1941 | 1942] |
Karl Simpfendörfer * 4.11.1898 | 1942 | 1947 |
Dr. Erich Kurt Dietrich * 20.4.1911 Lodz | 1947 | 1955 |
Joachim Hahn * 17.5.1926 Würzburg | 1955 | 1963 |
Erhard Schulz * 26.1.1920 | 1963 | 1973 |
Wilhelm Maier * 31.10.1918 | 1973 | 1980 |
Eugen Groß * 21.6.1931 | 1981 | 1994 |
Dr. Evelina Volkmann * 30.6.1962 Mainz | 1995 | 1998 |
Pfarrstelle vakant 1998-1999 | ||
Michael Keller * 26.03.1959 Denkendorf | 1999 | 2013 |
Pfarrstelle vakant 2013-2014 | ||
Dr. Martin Bauspieß * 12.12.1977 Stuttgart | 2014 | 2018 |
Stefanie Bauspieß * 15.7.1978 Marl | 2014 | 2020 |
Pfarrstelle vakant 2020-2021 | ||
Manfred Schüsselin * 09.05.1963 Reutlingen | 2021 | heute |